Die Christkatholiken und die Augustinerkirche in Zürich
Erlebnisbericht zur Veranstaltung «Heiliger Geist – Heiliges Öl. Initiationsriten in der christkatholischen Kirche» aus der Reihe «Übergangsriten» in der Augustinerkirche, 19. September 2019
Satisch Joshi, Delegierter des Schweizerischen Dachverbands für Hinduismus im Zürcher Forum der Religionen
Übergangsriten gibt es in allen Religionen. Letzten Donnerstag konnten wir, etwa 30 Personen, bei den Christkatholiken in der Zürcher Augustinerkirche mehr über dieses Thema erfahren. Als ein Hindu aus Indien kannte ich nur das katholische und protestantische Christentum. Als ich in die Schweiz kam, erfuhr ich, dass man diese Richtungen als römisch-katholisch und evangelisch-reformiert bezeichnet.
Was ist nun die christkatholische Kirche? Pfarrerin Melanie Handschuh bezeichnet sie als eine „kleinere liberale Schwester der römisch-katholischen Kirche“. Ihre Hauptmerkmale sind das demokratische Wahlverfahren für den Bischof und die Synode, das Fehlen des Zölibats und dass auch Frauen das Priesteramt offensteht. Pfarrer Lars Simpson erklärt, dass das Dogma von 1870, die Unfehlbarkeit des Papstes, den Anstoss für die Separierung der Christkatholiken im Jahre 1873 gegeben hat. In unseren Nachbarländern Deutschland und Österreich nennen sie sich „Altkatholiken“. Es gibt etwa 14’000 Christkatholiken in der Schweiz, etwa 10 Prozent davon leben im Raum von Zürich.
Die Augustinerkirche am Münzplatz neben der Bahnhofstrasse feiert nächstes Jahr ihr 750-jähriges Bestehen. 1270 wurde hier das Kloster des Bettelordens der Augustiner-Eremiten gegründet. Nach der Reformation wurde die Kirche 300 Jahre lang als Münzwerkstatt benutzt und im Jahre 1841 zur ersten katholischen Pfarrkirche in Zürich seit der Reformation umgewandelt. Seit 1873 steht die Kirche unter der Obhut der Christkatholiken. Die Ausstattung im Innern ist zurückhaltend wie in einer reformierten Kirche. Aber die farbigen Glasfenster mit Bibelgeschichten von der Taufe Jesu bis zu Pfingsten sind denjenigen in einer katholischen Kirche ähnlich. Auf der grossen Kreuzigungsgruppe unter dem Bogen vor dem Altar ist neben Jesus am Kreuz auch eine fast so grosse Marienstatue zu sehen. Alles ist beeindruckend und eben christkatholisch.
Die Zugehörigkeit zur christkatholischen Gemeinschaft wird mit den Ritualen der Taufe, Erstkommunion und Firmung bekräftigt: Das Kind kann mit einem Jahr getauft werden, mit sieben bis neun Jahren findet die Erstkommunion statt und mit 15 oder 16 Jahren werden Jugendliche im Rahmen der Firmung als vollwertige Mitglieder in die christkatholische Glaubensgemeinschaft aufgenommen.
Interessant fand ich die Anwendung von Salz anlässlich der Taufe, quasi als erstes Gewürz, welches das Kind zu schmecken bekommt. Das Kind wird auch mit gesegnetem Öl betupft, und dieses Öl wird auch dem Taufwasser zugefügt. Denn die Verbindung mit sinnlich erfahrbaren Elementen verstärkt die Wirkung des Rituals. Als Geschenk bekommt das Kind eine weisse Taufkerze; diese kann das Kind und später die erwachsene Person ein ganzes Leben lang begleiten. Als besonders berührend in diesem Zusammenhang schildert Pfarrerin Melanie Handschuh, wie sie einmal anlässlich einer Beerdigung die Taufkerze des Verstorbenen anzünden durfte.
Vor dem Glasfenster zu Pfingsten wird die Firmung erklärt. Der Heilige Geist stärkt zu Pfingsten die versammelte Gemeinde in ihrem Glauben. Die Firmung wird mit der Handauflegung durch den Bischof und mit einem Segensgebet gespendet.
Diese sehr interessante Einführung in die christkatholische Glaubensgemeinschaft wurde, wie Pfarrer Lars Simpson es ausdrückte, mit dem sogenannten „achten Sakrament“, einem feinen Apéro mit Wein und weiteren Getränken, abgerundet.