Ein Bodhisattva im Sand
Erlebnisbericht zur Veranstaltung «Ein Bodhisattva im Sand. Entstehen und Vergehen eines Mandalas» aus der Reihe «Augenweide» im Kulturzentrum Songtsen House
3. April 2014, Hanna Kandal, Delegierte der evangelisch-reformierten Landeskirche Kanton Zürich im Zürcher Forum der Religionen
Leise und unablässig tönt das «srrsrrsrr» der Metallröhrchen im Raum. Ganz konzentriert arbeiten Lama Kunsang und zwei Assistenten an dem Mandala zu Ehren der Tara, einer weiblichen Bodhisattva, die an diesem 3. April geehrt wird. Mit der Zeit entsteht eine dichte, meditative Atmosphäre.
Der feine farbige Sand rieselt kaum sichtbar auf das vorgezeichnete Mandala. Erst als Fläche oder Linie wird er sichtbar. Die Mönche verwenden natürliche Farbpigmente aus Steinfarben, um den weissen Sand zu färben. In einem Mörser wird das Farbpulver nochmals zerrieben, bevor es dem Sand beigemischt wird.
Von 10 Uhr am Morgen bis gegen 17 Uhr am Nachmittag stehen die drei Männer über den Tisch gebeugt, auf dem das Mandala entsteht. Geredet wird nicht viel, gelacht ab und zu. Das Streuen des Mandalas erfordert höchste Konzentration, denn fehlerhafte Formen können nicht ausgebessert werden.
Fasziniert verfolge ich, wie sich das Mandala aus farbigen, geometrischen Mustern zusammensetzt. Darüber bringt Lama Kunsang verschlungene Linien und Ornamente an. Das quadratische Mandala verbindet symbolisch Himmel und Erde, Wasser und Feuer.
Nach einigen Stunden in diesem Raum haben das monotone Geräusch der Sandröhrchen und die Aufmerksamkeit auf das, was im Moment geschieht, alle anderen Gedanken aus meinem Kopf vertrieben. Was mich beunruhigt und mir Sorgen macht, was ich unbedingt noch alles zu erledigen habe, es ist weit weggerückt. Auch ich selbst bin ganz gegenwärtig, ausgestreckt zwischen Himmel und Erde…