Gelebte Spiritualität im Hinduismus
5. November 2022, Veronika Jehle, forum – Pfarrblatt
Mitten im gepflegten Wohnquartier Brühlberg in Winterthur befindet sich ein Wohnhaus, das von Praktizierenden des «Dharma» als Ashram genutzt wird. «Ashram», das ist ein Ort, der Tempel, Kloster und Schule zugleich ist. «Praktizierende des Dharma», so würden sich Menschen selbst bezeichnen, die im alltäglichen Sprachgebrauch meist Hindus, Hinduist*innen genannt werden. Ursprünglich war das Wort «Hinduismus» eine Zuschreibung von aussen für jene, die jenseits des indischen Flusses Indus gelebt haben – ein Mann namens Vidyabhaskar erzählte und beschrieb dies differenziert vor den rund 20 Besuchenden, die an diesem 5. November 2022 anlässlich der Woche der Religionen in den Omkarananda Ashram gekommen waren. Vidyabhaskar ist hier Sanskrit- und Meditationslehrer. Er hat in seiner Jugend eine klassische Tempelschule in Indien besucht und zurück in der Schweiz dann Religionswissenschaften studiert. Zusammen mit einer Frau namens Tripura, die seit über 20 Jahren klassischen indischen Tanz praktiziert, und mit Vivekananda, die als Nonne in diesem Ashram lebt, brachten sie den Gästen vielfältige Aspekte und Hintergründe ihrer religiösen Tradition nahe. Anhand der Abbildung der Göttin Gayatri wird die tiefgründige Bedeutung der Symbole in ihren Händen erschlossen, anhand der Gesten im Tanz gewisse existenzielle Bewegungen des Menschen, abgerundet durch eine kurze Feuerzeremonie, die die Versammelten einlud, ihre Wünsche zu benennen und im Feuer zu transzendieren. Der Tempelraum im vierten und obersten Stockwerk des Hauses eröffnet verschiedene Nischen. Sie sind mit Altären ausgestattet, die der Verehrung einzelner Verkörperungen des Absoluten dienen. In den darunter liegenden Stockwerken leben jene rund 30 Menschen, Frauen und Männer verschiedener Nationen, die zusammen die Ashram-Gemeinschaft bilden. Der Omkarananda Ashram ist benannt nach einem indischen Lehrer, der in den religiösen Traditionen des «Dharma» grosses Ansehen geniesst. Paramahamsa Sri Swami Omkarananda besuchte 1965 Winterthur, 1973 entstand dann der Omkarananda Ashram. Unter den Gastgeber*innen des Anlasses war auch Satish Joshi, der im Zürcher Forum der Religionen den Schweizerischen Dachverband für Hinduismus in der Schweiz vertritt. Der Omkarananda Ashram ist sein «Heimat-Tempel», obwohl er sich, wie er betonte, «in jedem Tempel der Welt beheimatet» fühle. An diesem Tag konnte er unter anderem Michael Künzle begrüssen, den Stadtpräsidenten von Winterthur. Künzle nutzte die Gelegenheit für einen ersten persönlichen Besuch an diesem Ort und sei, wie er betonte, durch die Begegnungen am «Runden Tisch der Religionen» in gutem Austausch mit den Vertreter*innen verschiedener Religionsgemeinschaften in Winterthur. Diesen zu pflegen, bot der Apéro eine schöne Möglichkeit, zu dem die Ashram-Gemeinschaft zum Abschluss einlud.