Nahrung für die Götter
Erlebnisbericht zur Veranstaltung «Speiseopfergabe im Hindu-Tempel» aus der Reihe «Gaumenfreuden» im Sri Sivasubramaniar Tempel
30. August 2017, Bettina Bütikofer, Delegierte der Integrationsförderung der Stadt Zürich im Zürcher Forum der Religionen.
Im Gewerbequartier am Sihlweg in Adliswil befindet sich der Hindu-Tempel Sri Sivaubramaniar. Im Eingangsbereich, in dem sich ein Kiosk mit tamilischen Speisen befindet, streift man die Schuhe ab und betritt den Tempelraum barfuss. Suthakar Parameswaran, der im Zürcher Forum der Religionen die Hindu-Gemeinschaft vertritt, empfängt die rund 50 interessierten Besucherinnen und Besucher. Bevor die Puja (religiöse Feier) beginnt, stellt uns Herr Parameswaran jede/n der rund ein Dutzend Göttinnen und Götter vor, welche in Wandnischen je ihr eigenes Zuhause haben. Hinter Vorhängen, die der Priester nachher auf- und zuziehen wird, sitzen die prachtvoll gekleideten Götterfiguren auf Augenhöhe.
Einige Namen klingen bekannt: Shiva, Ganesha, Brama, Vishnu. Andere wiederum höre ich zum ersten Mal. Jeder Gott steht für eine Tugend oder hat eine spezielle Funktion. Es gibt Beschützer, Helfer, Schöpfer, aber auch Zerstörer oder «Richter». Erkennbar sind die Gottheiten an ihrem Aussehen und an Tieren oder Objekten, die sie umgeben oder die sie in der Hand halten. Ganz besonders wichtig für den Tempel in Adliswil ist Murugan, der mächtige Sohn Shivas, dem dieser Tempel gewidmet ist. Er ist ein Bild der menschlichen Perfektion. Das tamilische Wort Murugan bedeutet Schönheit und Jugendlichkeit. Murugan ist oft auf einem Pfau sitzend dargestellt und in Begleitung von zwei Frauenfiguren, Valli und Theivanai. Die Anbetung von Murugan verleiht Wissen, Schönheit, Jugendlichkeit und Mut.
Der Priester geht nun von Nische zu Nische und bringt den Göttinnen und Göttern ausgewählte Speiseopfer. Jede Gottheit hat ihre Vorlieben und erhält ihre speziell für sie zubereitete Speise. Auch Blumen steckt der Priester ihnen zu und rezitiert dabei Gebete in Sanskrit. Dazu klingelt er mit einer goldenen Glocke. Auch die Geruchssinne kommen bei dieser Puja nicht zu kurz. Diverse Räucherstäbchen werden angezündet und wieder ausgelöscht und ebenso spielt eine Kerze eine wichtige Rolle, deren Licht und Wärme sich der Priester und auch die hinduistischen Tempelbesucher symbolisch ins Gesicht streichen.
Überraschend sind einige Figuren, die in der Mitte des Tempels auf einem Tisch stehen. Sie sind Vertreter oder «Schutzengel» für die Planeten. Auch sie sind schön gekleidet, mit Blumen geschmückt und werden vom Priester mit Gebeten bedacht. Herr Parameswaran erklärt dazu die grosse Bedeutung der Astrologie im Hinduismus.
Nachdem die Götter ihre Speisen erhalten haben, sind alle Besucher zum köstlichen vegetarischen Buffet für die Menschen eingeladen. Sie schmecken ebenso göttlich, wie fantastisch für uns die Tempelwelt erscheint. Es war ein wunderbarer kleiner Einblick in einen unbekannten Kosmos und eine herzliche Begegnung mit den Tempelvertretern, welche den Besuch ermöglicht haben. Herzlichen Dank!