Moscheen, Kirchen und Synagogen. Räume des Glaubens in der Stadt Zürich
Erlebnisbericht zum Interreligiösen Rundgang 2023
20. September 2023, Claudia Geiser, Geschäftsstelle Zürcher Forum der Religionen
Knapp 30 Personen fanden sich am 20. September 2023 bei der Blauen Moschee ein, um am ersten der zwei interreligiösen Rundgänge teilzunehmen, die das Zürcher Forum der Religionen (ZFR) im Herbst 2023 anbot.
Zuerst begrüsste Mirjam Läubli, Geschäftsführerin des ZFR, im Versammlungsraum die Anwesenden. Anschliessend stellte Kubilay Yalın die Moschee vor, die dieses Jahr ihr 30-jähriges Bestehen mit einem grossen Fest feiern konnte. Yalın ist Vorstandsmitglied des türkisch-islamischen Kulturvereins für die Schweiz, der die Blaue Moschee betreibt. Er erzählte vom deren vielseitigem Angebot: vom Unterricht für Kinder in Islam und Koran über verschiedene Kurse für Erwachsene bis hin zu ungezwungenen Treffen der Vereinsmitglieder zum Austausch über den Islam. Dann erklärte er mit einer kurzen Präsentation die sechs Glaubensartikel und die fünf Säulen des Islams und gab Einblick in die Entstehungsgeschichte des Korans. Er betonte, dass der Koran immer frisch und aktuell sei und man deshalb zu jeder Zeit etwas daraus lernen könne. Beim folgenden Rundgang durch die Räumlichkeiten stellte Yalın zuerst den separaten Raum vor, in dem die Frauen mitbeten können, und dann den Moscheeraum. Er erläuterte dessen Ausstattung inklusive der Gebetsnische, die gegen Mekka ausgerichtet ist, der Uhr mit den Gebetszeiten und den Podesten für den Imam und zeigte auch den Waschraum. Im Anschluss standen Yalın und Imam Nurettin Gündoğan für die zahlreichen Fragen der Teilnehmenden zur Verfügung.
Zusammen mit dem Team des ZFR spazierten diese dann zur serbisch-orthodoxen Kirche Heilige Dreifaltigkeit, wo Erzpriester Branimir Petković den zweiten Teil des Abends bestritt. Er informierte kurz über die orthodoxen Kirchen im Allgemeinen und ging dann auf das breite Angebot der serbisch-orthodoxen Kirche ein, das von Kindern bis zu älteren Menschen alle ansprechen möchte.
Dann gab Petković eine kurze Einführung in die Ausstattung des Kirchenraums, in dem besonders die (für orthodoxe Kirchen typischen) Ikonen auffallen. Er erwähnte, dass Gebete und Gottesdienste meist in Kirchenslawisch seien und sang ein Lied in dieser Sprache. Dann ging er auf die Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen orthodoxen, römisch-katholischen und christkatholischen Kirchen ein. So haben die orthodoxen Kirchen beispielsweise keinen Papst, sondern Patriarchen, und für Priester gilt kein Zölibat. Nachdem er Fragen zum Ablauf des Gottesdienstes und der Rolle der Frauen beantwortet hatte, erläuterte Petković die Bedeutung der Ikonostase, der Bilderwand zwischen Altar und Kirchenraum, sowie der Fresken und der wichtigsten Ikonen.
Dann ging die Gruppe weiter zur Jüdischen Liberalen Gemeinde Or Chadasch, wo der dritte und letzte Teil des Rundgangs stattfand. Rabbiner Ruven Bar Ephraïm nahm die Gäste in Empfang und erläuterte, dass der Synagogenraum wegen den momentan stattfindenden hohen Feiertagen anders aussehe als sonst. In der Vorwoche sei Neujahr gefeiert worden, nun stehe das Versöhnungsfest Jom Kippur an. Deshalb waren mehr Stühle als sonst im Raum, und er war auch anders ausgekleidet, nämlich in Weiss.
Anschliessend erklärte Bar Ephraïm die Geschichte der Spaltung in liberales und orthodoxes Judentum, die Unterschiede und Bedeutung von Integration und Assimilation und die Ausrichtung der verschiedenen jüdischen Gemeinden in der Stadt Zürich. In der liberalen Gemeinde beten beispielsweise Frauen und Männer im selben Raum und Frauen könnten auch alle Ämter übernehmen.
Nach zahlreichen Fragen unter anderem zu Kontakten zwischen den jüdischen Gemeinden oder zum Inhalt von Gottesdiensten öffnete Bar Ephraïm den Thora-Schrank und erläutert die Einkleidung der Thora-Rollen. Eine davon öffnete er, um daraus zu lesen, umringt von den interessierten Teilnehmenden. Zum Abschluss des Abends konnten sich die Gäste beim Apéro mit Bar Ephraïm, untereinander und mit dem Team des ZFR austauschen.