Schwangerschaft, Geburt und Namensgebung im Islam
Erlebnisbericht zur Veranstaltung «Beim Namen nennen» aus der Reihe «Lebensanfang» in der in der Albanischen Moschee «Haus des Friedens» am 27. September 2018 in Zürich
Hanna Kandal-Stierstadt, Delegierte der Evangelisch-reformierten Landeskirche des Kantons Zürich.
Hinter mattgetönten Fensterscheiben in einer Ladenzeile in Zürich-Schwamendingen öffnen sich den Besuchenden die einladend gestalteten Räume der albanisch- islamischen Gemeinschaft. Der Verein «Haus des Friedens» besteht seit 2006 und zählt 230 Mitglieder. Die mehrheitlich von albanisch-stämmigen Muslimen besuchte Moschee versteht sich als offener, multikultureller Ort des Gebets und der Begegnung.
Heute Abend stehen etwa 60 Stühle für den Vortrag bereit, und in der gemütlichen Cafeteria ist das Gebäck zum Tee schon aufgetischt. Der Raum füllt sich rasch mit Gästen aus dem Quartier und der Stadt. Gleich stehen Gastgeber und Besuchende in Grüppchen beieinander. Viele haben sich schon früher im Jahr kennengelernt: beim Partnerschaftsprojekt der Moschee-Gemeinschaft mit der reformierten Kirche Saatlen und Schwamendingen.
Die Rituale, die im Islam die Geburt eines Kindes begleiten, erläutert Imam Fahredin Bunjaku. In ihnen drückt sich die hohe Wertschätzung aus, die Familiengründung und Schwangerschaft in der islamischen Gesellschaft entgegengebracht wird.
Ausgehend von einer Grundhaltung der Dankbarkeit und Freude feiern muslimische Eltern und Familien die Geburt ihres Kindes mit einer Reihe von Ritualen. Dazu gehören:
- Das Einflüstern des Adhan (ersten Gebetsrufes) in das rechte Ohr und des Iqama (zweiten Gebetsrufes) in das linke Ohr des Neugeborenen;
- Das Ausstreichen des Mundes mit süssem Dattelbrei, wie es in der Sunna des Propheten überliefert ist;
- Das erste Stillen, dem nach Möglichkeit eine zweijährige Stillphase folgt;
- Das Schneiden der Haare: Am 7. Tag nach der Geburt wiegen Eltern das Gewicht der Haare ihres Kindes in Silber auf und spenden diesen Betrag Bedürftigen.
- Die Namensgebung: Sie gehört im Islam zu den Kinderrechten und geschieht bereits am ersten Lebenstag durch die Eltern. Sie sind aufgefordert, für ihre Kinder schöne, bedeutungsvolle islamische Namen zu finden.
- Das Opfern eines Tieres, verbunden mit einem Freudenfest für das Kind am 7., 14. oder 21. Lebenstag;
- Bei Knaben die Beschneidung: Sie geht auf die Praxis des Propheten Ibrahim zurück und wird für den 7. Lebenstag empfohlen. Sie soll durch ausgebildete Ärzte oder im Spital durchgeführt werden.
Mit den Ritualen zum Lebensanfang beginnt für muslimische Eltern eine lange Zeit der Begleitung ihrer Kinder, in der sie ihnen gegenüber Liebe und Güte zeigen, sich Zeit nehmen, Verständnis haben und versuchen, den Kindern gerecht zu werden. Eltern wirken durch ihr Vorbild. Sie geben auf die Familie acht und kümmern sich sowohl um die materiellen als auch um die spirituellen Bedürfnisse ihrer Kleinen. Den von Gott gegebenen guten Charakter der Kinder zu schützen und zu fördern ist nicht nur Aufgabe der Eltern, sondern der Gesellschaft im Ganzen. Denn «Kinder sind ein Geschenk Gottes und ein Schmuck des irdischen Lebens».
Mit grosser Anteilnahme folgt das Publikum den Ausführungen des Imams. Die anschliessende Fragerunde wird rege benützt. Als Zuhörende spüre ich die respektvolle Art, in der auch kritische Fragen gestellt werden. Das Vertrauen, das durch die Begegnungen der vergangenen Monate gewachsen ist, macht ein offenes Gespräch möglich. Und der Imam versteht es, in einer sehr dialogbereiten Art auf die Anwesenden einzugehen.
Beim Hinausgehen finde ich den Namen des Zentrums auf eindrückliche Art bestätigt: Haus des Friedens – Shtëpija ePaqes.