Zwischentöne
Erlebnisbericht zur Veranstaltung «Zwischentöne. Die jüdische Liturgie in ihrer Vielfalt: Singen, Rezitieren und Kantilieren» aus der Reihe «Klangfenster» in der Jüdischen Liberalen Gemeinde Or Chadasch
30. September 2013, Rahel Walker Fröhlich, katholische Theologin
Wir treffen uns in der jüdischen liberalen Gemeinde Or Chadasch. Ich habe gehört, dass in dieser Gemeinde einmal der Rabbiner Tovia Ben Chorin, der Sohn des berühmten jüdischen Gelehrten und Wegbereiters des jüdisch-christlichen Dialogs, Schalom Ben Chorin, gearbeitet hat. Hier hat es also Wurzeln des interreligiösen Dialogs. Als katholische Theologin bin ich gespannt, ob es in dieser Richtung weitergeht.
Die Synagoge macht einen freundlichen Eindruck. Der Anlass ist gut besucht. Die Frage der Veranstaltungsreihe «Klangfenster» des Zürcher Forums der Religionen lautet: «Wie bespielen die fünf Weltreligionen den Hörsinn?»
Der Rabbiner Reuven Bar Ephraïm betont, dass es «das» Judentum nicht gibt. Ich muss an meine Kirche denken, in der auch jeder Theologe seine eigene Meinung hat. Die Jüdische Liberale Gemeinde gehört zum aschkenasischen Judentum. Der jüdische Gottesdienstgesang ist relativ jung, das älteste Stück ist aus dem 14. Jh. Eine Ausnahme ist das Stück «Kol Nidre», das am Vorabend von Yom Kippur, dem Versöhnungstag, gesungen wird. Es stammt aus der Tempelzeit. Einige sagen sogar, es sei zusammen mit den 10 Geboten auf dem Sinai von Gott an Mose übergeben worden. Die Melodie ist einfach, was auf einen frühen Ursprung hinweist.
Die Besucher singen gut mit und sind vom Witz und Charme des Rabbiners beeindruckt. Zusammen singen wir zum Schluss die ersten fünf Sätze aus der Bibel. Natürlich auf Hebräisch. Ich erinnere mich an mein Theologiestudium, in dem mich das Lernen des Bibelhebräisch faszinierte.