Sterben und Wiedergeburt im Hinduismus
Erlebnisbericht zur Veranstaltung «Durch Feuer und Wasser» im Platzspitz-Park in Zürich
September 2021
Die vierte Veranstaltung der Reihe «Lebensende» war dem Hinduismus gewidmet. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer versammelten sich beim Platzspitz-Park beim Landesmuseum. Das Interesse an der Veranstaltung war gross, die verfügbaren Plätze waren schnell ausgebucht gewesen. Nun hörten die Anwesenden interessiert, was Priester Krishna Premarupa Dasa vom Umgang mit dem Tod im Hinduismus berichtete.
Die erste Station der Veranstaltung war jene Stelle, wo Sihl und Limmat zusammenfliessen. Die Flüsse, so berichtete der Referent, haben im Hinduismus eine besondere Bedeutung. Sie sind Symbole des Lebens und der Reinigung. Es gibt heilige Flüsse, zum Beispiel der Ganges. Diese Flüsse sind im hinduistischen Verständnis gleichzeitig Göttinnen. Eine besondere Bedeutung haben für Hindus die Orte, wo Flüsse zusammenfliessen. Das war auch der Grund, weshalb Krishna Premarupa Dasa die Zuhörerinnen und Zuhörer zuerst an den Ort geführt hatte, wo Limmat und Sihl zusammenfliessen. Die Hindus übergeben die Asche des kremierten Körpers einem Fluss. Dadurch werden nach ihrem Verständnis die Überreste der oder des Toten gereinigt. Wegen der besonderen Bedeutung des Zusammenflusses von Flüssen geschieht dieser Akt oft bei solchen Stellen. Die Hindus, die in der Schweiz leben, lassen die Zeremonie in der Regel in ihren Herkunftsländern durchführen. Aber wenn dies nicht möglich ist, kann dies auch in der Schweiz stattfinden, wozu sich wiederum besonders der Ort anbietet, wie zwei Flüsse zusammenfliessen. Auch beim Zusammenfluss von Limmat und Sihl hätten deshalb, so berichtete der Referent, schon solche Akte stattgefunden.
Als Nächstes folgte ein Teil im Rondell des Platzspitz-Parks. Da das Wetter etwas unbeständig war, hatte man sich entschieden, diesen Teil der Veranstaltung unter dem schützenden Dach durchzuführen. Krishna Premarupa Dasa begann mit einigen Gesängen, die im Hinduismus gleichzeitig Gebete sind. Dann informierte er weiter über den Umgang der Hindus mit dem Sterben und dem Tod: Die Hindus kennen keine Friedhöfe, denn die Toten werden kremiert. Nur ausnahmsweise, bei heiligen Persönlichkeiten, findet eine Erdbestattung statt. Die Kremation hat besonders den Sinn, dass sich die Seele möglichst vollständig und gut vom Körper lösen kann. Nach hinduistischem Verständnis ist der Mensch eine Seele, die sich in verschiedenen Körpern inkarniert. Wenn der Körper stirbt, lebt die Seele weiter. Sie hängt aber noch am alten Körper. Deshalb muss der Körper möglichst rasch verbrannt werden, damit die Seele weiterziehen kann. In der Regel erfolgt die Kremation von Toten innerhalb von 24 Stunden.
Welchen Körper man bekommt, bestimmt sich nach den Handlungen im letzten Leben. Dies ist die Lehre des Karma. Ein gut geführtes Leben bedeutet, dass man im nächsten Leben ein hoch gestelltes Lebewesen wird. Dass wir Menschen sind, und in einem Land wie der Schweiz geboren sind, deutet prinzipiell darauf hin, dass wir im früheren Leben gut gehandelt haben. Wer schlecht handelt, wird als niederes Tier oder Pflanze wiedergeboren. Diese Seele muss sich dann langsam wieder zu höheren Existenzformen hocharbeiten. Aber wie, so die Frage einer Zuhörerin, kann das einem Tier gelingen, da es doch gar nicht bewusst handelt? Der Priester antwortete, dass das schlechte Karma einfach abgetragen werden muss. Durch das Existieren in der niederen Form wird das Negative wieder abgebaut.
Sehr wichtig ist für die Hindus der Moment des Sterbens. Denn das, an das man im Zeitpunkt des Todes denkt, wird man auch erreichen. Da wir uns im Moment des Todes an unser Leben erinnern, spielt es eine grosse Rolle, wie wir gelebt haben. Wir drehen quasi unseren eigenen Film, so der Priester, der dann im Moment des Todes abläuft. Entsprechend unseren Handlungen und Wünschen bestimmt sich dann unser Weiterleben. Das Ziel besteht darin, eins zu werden mit Gott oder mit Gott auf einem spirituellen Planeten zu leben. Um den Weg der Seele zu unterstützen, führen die Angehören elf Tage nach dem Tod eine Feuer-Zeremonie durch, in der Gebete für die verstorbene Person gesprochen und Gaben dargebracht werden.
Priester Krishna Premarupa Dasa berichtete eindrücklich von seinen Reisen durch Indien. In Indien werde mit dem Tod sehr offen umgegangen. An heiligen Stätten bei Flüssen lassen sich viele Personen kremieren. Diese Kremationen verstorbener Körper finden in aller Öffentlichkeit statt, und in der Luft liege der Geruch von verbranntem Fleisch. Eine Zuhörerin berichtete ebenfalls von Indien-Reisen und sagte, dass die Politiker in Indien ziemlich korrupt seien und daher im nächsten Leben wohl in einer niederen Form wiedergeboren würden. Im vorigen Leben müssen diese Personen aber gut gelebt haben, da sie sonst nicht in diese Stellung gekommen wären. Zum Abschluss konnten die Teilnehmenden noch feines Gebäck in Empfang nehmen und Tee trinken. Ein sehr informativer Abend ging zu Ende, der spannende Einblicke in die Glaubenswelt der Hindus vermittelte.